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Phil John Kneis:
LAVDATIO - EXODVS III:
POTESTAS
Eichwalde, March 9th - June 30th, 1998 - P#85
QVIA TVVM EST REGNVM ET POTESTAS
ET GLORIA IN SAECVLA
QVI VIVIS ET REGNAS IN SAECVLA SAECVLORVM
EXPOSITIO:
PROLOGOS
PARS PRIMA: SVB ROSA
PARS SECVNDA: CASVS BELLI
PARS TERTIA: AVT VINCERE AVT MORI
PARS QVARTA: TEMPVS FVGIT
PARS QVINTA: E PLVRIBVS VNVM
EPILOGOS
PROLOGOS
Die Macht ja in allem, die Macht zu erstreiten,
Die Macht, die soll alles vor allem bereiten,
Die soll einst gewinnen, soll Siege erringen,
Soll Frieden und Glück und die Zukunft uns bringen,
Die Macht aller Mächte wir suchen so gräßlich,
Sie trübt alles Denken gar düster und läßlich,
Das Streben nach dieser ermordet das Denken,
Es läßt uns Gedanken des Mordens nur schenken;
Wo Macht ist bei Menschen, ist Mißbrauch zutage,
Mißbraucht wird sie stets und in jeglicher Lage.
Was stört's, wer sie hat - sie besticht ihn ohn' Mühe,
Läßt los nicht am Abend und nicht in der Frühe;
Verdorben die Wege der Herrscher beizeiten,
Wenn nicht sie der Macht selbst ein Ende bereiten,
Sie mindern, verfolgen, zerstören, vernichten -
Nur so kann man selber gar Licht endlich sichten,
Denn Macht ist das Ende in Wesen der Welten,
Sie nutzen sie nur, um gar groß ja zu gelten,
Sie werden verderben und sind schon verloren,
In Händen der Macht sind sie elende Toren.
PARS PRIMA: SVB ROSA
I.
Will alles entgleiten,
Will alles denn leiten
Sich lassen, nicht rufen
Auf wandernden Stufen
Den Namen des Alten,
Der wieder will walten?
II.
Ist schon es vergebens
Am Anfang des Lebens
Zu hoffen, zu suchen?
Soll doch alles Fluchen
Das Ende beschwören,
Die Hände betören?
III.
Ist alles gestorben?
Wenn nicht, doch verdorben?
Zerbrochen im Spiegel?
Intakt noch das Siegel,
Doch wandern die Hände,
Es öffnend behende?
IV.
Nichts traut sich zu reden,
Nichts wagt sich zu regen,
Nichts atmet, nichts wanket,
Nichts höher nun ranket,
Nichts spricht, was erwartet,
Nichts sieht, was gestartet?
V.
Kein Wort mehr zu hören,
Kein Laut will begehren
Den Schall, ihn zu fragen
Daß sollt' er ihn tragen -
Die Stille des Todes
Am Hof des Herodes.
VI.
Der Nebel sich leget
Und leise nun schwebet,
Bedeckt alles Warten,
Wer wacht noch im Garten;
Wenn alles ist stille,
Erstirbt jetzt der Wille.
PARS SECVNDA: CASVS BELLI
I.
Es warten die Taten,
Noch braucht man die Raten,
Die zahlen fürs Warten.
All die, welche harrten
So früh noch geduldig,
Bald werden sie schuldig.
II.
Kein Grund ist zu niedrig,
Kein Wahrheit zu widrig,
Das Recht spricht der Sieger -
Das Recht macht der Krieger.
Sie schreien und stürmen,
Und Leichen sich türmen.
III.
Wer anfängt, ist nichtig,
Wer stirbt, scheint nicht wichtig.
Wenn alles am Ende,
Was zählen die Hände,
Die Blut von sich waschen,
Zu füllen die Taschen?
IV.
O, alles vergebens!
Der Sinn allen Lebens
Wird hier jetzt begraben,
Wie Wölfe sich laben
Am Blut ihrer Beute,
Giert hier diese Meute.
V.
Sind Menschen dies immer?
Wo bleibt denn der Schimmer
Des Wissens um Ehre?
Um himmlische Heere?
Um Schmerzen, die teilen
Wir alle zuweilen?
VI.
Ist all dieses Rasen
Gefüllt nur mit Blasen,
Die platzen beim Aufprall -
Sollt' dies sein ein Unfall?
Ach nein, Gott behüte!
Wir sind doch voll Güte!
PARS TERTIA: AVT VINCERE AVT MORI
I.
Ist Stille in allem und Dunkelheit kommet?
Ist alles so ruhig, daß Frieden es frommet?
Ein' Ruhe des Friedens - ein Ruhe des Sterbens?
Ein' Ruhe des Bald-ja-in-Blut-sich-schon-Färbens?
Denn Donner wird kommen, er naht sich von weitem,
Will Warnung erteilen und Schrecken verbreiten,
Doch ist er's nicht selber, er ist nicht das Ende,
Das Ende ja bringen einst menschliche Hände!
Denn nichts ist geschaffen, um sinnlos zu sterben,
Das Leben ist nicht für den Tode das Werben -
Hier dringen die Laute des Kämpfens schon näher,
Der Lärm und die Schreie, schon sieht sie ein Späher,
Wer letztlich begonnen, ist nicht zu entscheiden,
Wer will denn gewinnen, was ist zu vermeiden,
Wieviele Verluste, wieviel werden sehen
Das Leid dieses Tages, wieviel werden gehen?
Der Staub mag verdecken die letztlichen Taten,
Doch Lärm und das Ende ja lassen erraten,
Was dort war geschehen, was nicht ist zu meiden -
Viel später erst werden die Schafe hier weiden.
II.
Will Israel sterben - will Israel leben?
Was sind wohl die Opfer, die hier es wird geben?
Ein Kampf unter vielen, ein Krieg unter Kriegern,
Wer letztlich am Ende wird jubeln und siegen,
Weiß keiner am Tage, weiß keiner zu sagen -
Am Ende des Tages nur füllen die Klagen
Der übrigen ein in die Trauer der Toten -
Der Schmerz aller andren ist nicht auszuloten.
Sind dies denn die Wege, die gehen wir wollen?
Sind nicht dies die Taten, die meiden wir sollen?
Nicht mehr heißt es schützen, verteidigt den Frieden,
Schon jetzt heißt es drohen und kämpfen, befrieden,
Und Macht wird begrüßet und Macht sich geschaffen
Mit Worten und Gesten und letztlich mit Waffen -
Das Recht ist bei denen, die Stark sind und schneller,
Sie werden denn herrschen und werden zum Fäller,
Zum Fäller der andren, die nicht können handeln,
Zum Fäller der Schwachen, die nur dürfen wandeln
In steter Kontrolle durch herrschende Hände,
Gebunden durch sinnes-entleerende Stände.
III.
Die Waffen erklingen, die Stürme sich schwingen
Hinan um zu wüten, hinan um zu bringen
Jetzt Tod und Vergeltung am Ende der Tage -
Nichts stellt sie von obersten Stellen infrage,
Denn alles, was herrschet, erlieget dem Tranke -
Vom Tranke des Herrschens, daß nie einer wanke,
Der aufrecht zu gehen geschafft hat durch Leichen,
Geschafft zu gesellen sich zu seinesgleichen
Die Macht schon ja glaubend als höchsten der Herren,
Die Macht, andre Menschen vor Richter zu zerren,
Die Macht, zu verbieten, die Macht ja, zu lenken,
Zu Lenken der Menschen gemeinigstes Denken -
Von Macht ja besessen, vom Rausche ja trunken -
In Macht ja doch mächtig und tief ja versunken,
Nichts sehend, nichts hörend, nichts denkend, nichts fühlend,
Nur mächtig im Bade der Massen sich sühlend,
Dem Baal ja als Götze er selber daneben,
Als gleicher den Götzen will er sich erleben,
Befiehlt er, beginnt es, das Schlachten und Sterben,
Will er es, so wird sich das Land blutig färben.
IV.
Und alles versinket in finstere Tage,
Ans Licht sich erinnernd ja bestens noch vage,
Und Angst herrscht mit Schrecken und Terror verbündet,
Wer jetzt noch den Frieden auf Erden verkündet,
Den packt das Gelächter der Massen gefangen,
Verlacht wird die Botschaft, der Bote erhangen -
Ein Lachen des Horrors, gewahr der Vernichtung,
Ein Lachen des Folgens, gemäß der Verpflichtung,
Dem Herrscher zu folgen, dem Herrscher aus Fleische,
Dem Herrscher, der täglich verwaltet die Reiche
Der Menschen zusammen - nicht Staaten, nicht Lande,
Nicht Bünde, Armeen, nicht künstliche Bande -
Kontrolle ist immer Kontrolle der Vielen,
Gespalten in jeden mit einzigen Zielen,
Nicht einer aus allen, nein, alle sind einer -
Den Widerspruch waget nur manchmal ein kleiner,
Doch Macht dann ergreift ihn und zwingt ihn zu Boden,
Und wenn nicht er singet die feinesten Oden
Dem Monster, das sitzet auf menschlichem Throne,
So wird ihm der Tod ja zum letztlichen Lohne.
V.
Es wüten das Monster und seine Dämonen,
Es wird sie mit Blute ja eifrig belohnen,
Verzerrt sind die Fratzen, die Fratzen im Innern -
Nach außen die goldensten Masken erschillern -
Das Monster ist mächtig, es herrscht ja mit Schrecken,
Selbst mutigsten Geistern kann Furcht es erwecken -
Es kreuzigt ja täglich den Sohn unsres Herren,
Es zögert ja nie, ihn zum Kreuze zu zerren -
Es kann nicht verstehen, daß all ja sein Treiben,
Daß nach seinem Denken soll ewig ja bleiben,
Wird einst ja versinken in elendem Wimmern,
All Glanz ja, den wollte es ständig sich zimmern,
Verschwunden, vergessen, verdorben, vergangen -
Wird alles von seinen Verbrechen verhangen,
Nicht Ruhm ja, nicht Ehre, nicht Gold und nicht Leben -
Man wirft es hinweg wie vergammelte Reben,
Verdorben, verseucht und gar widerlich dunkel,
Verbannt es sich dorthin, wo nichts vom Gefunkel
Der Sterne zu sehen - und mag es auch flehen,
Der Spruch bleibt bestehen: Sein Rum wird vergehen.
VI.
So rufen sie alle, doch schreien vergebens -
Den Hüter des ihnen so wichtigen Lebens
Nicht unter den Menschen sie werden je finden,
Und Unrecht und Leid ja sie müssen verkünden
Auf ewige Zeiten, auf all unsren Bahnen -
Egal welch' Symbole, egal welche Fahnen:
Kein Ort dieser Welten kann Heimat uns werden,
Den Ort unsres Ursprungs nicht unsere Erden,
Nein, wir ihn im Herzen ja stets mit uns tragen,
Egal, welche Wogen des Schicksals uns plagen -
So wissen wir immer: Was soll schon geschehen?
Wenn alles des Irdischen einst muß vergehen,
So bleibet in allem doch Eines erhalten,
Das Eine, das Wort ja, das ewig wird walten,
Das Wort unsres Herren, der steht uns zur Seite,
Beschützt uns in all diesem irdischen Streite,
Sein Großmut besiegt all Gekläff und Gezeter,
Sein Liebe verbannt das, was früher und später
An Unrecht getan und aus Haß ja geschehen,
All Feindschaft wird dann in der Tat ja vergehen.
PARS QVARTA: TEMPVS FVGIT
I.
Im Schrecken der Tage
Liegt still ja die Frage,
Die Frage, die dränget,
Daß mit ihr man zwänget
Die Antwort zutage,
Die endet die Plage.
II.
Nichts ist hier zugegen,
Das kann sich noch regen,
Kein Funke des Lachens,
Nur Röcheln des Rachens
Klingt hier noch entgegen,
Nichts kann sich mehr regen.
III.
Erfolg ja in allem!
Erfolg kommt mit Schallen!
Mit Schall ja des Schwertes,
O glänzend verehrtes,
Mit Schall ja voll Feuer
Ist nichts mehr geheuer.
IV.
Sind Opfer die Krieger?
Die Schwachen die Sieger?
Die Kleinen die Starken?
Und die, welche harken
Die Trümmer zusammen,
Woher die wohl stammen?
V.
Die Zeit ist zu Ende.
Was taten die Hände,
Die schrieben und gaben,
Zu freuen und laben
An Schöpfung sich friedlich,
Von Herzen ja gütig?
VI.
Wir sitzen auf Leichen
Und müssen jetzt reichen
Die Hand ja den andern,
Zu Sternen wir wandern,
Nach Sternen wir greifen,
Doch müssen wir reifen.
PARS QVINTA: E PLVRIBVS VNVM
I.
O Israel, schaue!
Dies Haus nun erbaue,
Ein Haus, das steht feste,
Das liebet die Gäste,
Die kommen in Scharen,
Viel wollen erfahren.
II.
O Israel, höre!
Die Ruhe nicht störe,
Denn Ruhe ist Frieden,
Und schenk' sie den Müden -
Doch ruhe und schaffe,
Dein Wort nur als Waffe.
III.
O Israel, gehe!
An Orten nicht stehe,
Doch dränge zu wissen,
Du sollst doch nicht missen
Entdeckung und Wunder,
Und alles wird runder.
IV.
Der Kreis einst sich schließet,
Wenn nicht ihr vergießet
Das Blut eurer Kinder.
Ihr seid doch Erfinder
Und Schöpfer und Hüter -
Nur Gott ist Gebieter.
V.
Verlaß' alte Pfade
Und suche die Gnade
Stets neu, du wirst finden,
Daß sie will verkünden
Stets Neues und Altes
Und Helles und Kaltes.
VI.
Aus vielen wird eines,
Kein winziges kleines,
Ein Platz aller Wesen -
Er ist stets gewesen
Mit euch und wird werden
Für all' unsre Erden.
EPILOGOS
Was Macht hat erstritten, kann ewig nicht walten,
Was Macht hat errungen, kann nie sie erhalten,
Was Macht hat erbauet, wird elend zerfallen,
Was Macht hat geformet, wird fallen mit Schallen.
Solch Macht, die auf Erden geboren zu streiten,
Kann niemals die Völker zum Frieden anleiten,
Nur Macht, die ist Frieden und schützt alles Leben,
Nur Macht, die sich selber zum Opfer will geben,
Nur Macht, die ist Ohnmacht, wird letztlich auch siegen,
Nur Macht, die nicht tobet, wird nimmer erliegen.
So Nicht-Macht ist stärker als alles, was schreiet,
Und Nicht-Macht hält fester, wo Macht nur entzweiet,
Nur Nicht-Macht kann schaffen und wahrhaft vergeben,
Nur Nicht-Macht kann leben und Leben dann geben,
Ja, Nicht-Macht ist weise und will sich verneinen,
Erkennt, daß all' Macht ja entstammt von dem Einen,
Der war und der ist und der ewig bestehet,
Der stets doch aus Lieben für uns selbst vergehet,
Dem Herrn aller Herren, dem König des Lichtes:
Nur Gott ja ist Richter des höchsten Gerichtes!
April 10th, 1999
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