POEMS GROUP 4: LAVDATIO

Series 3: Exodus



  1. Migratio
  2. Tu Solus Dominus
  3. Potestas



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Phil John Kneis:

LAVDATIO - EXODVS I:

MIGRATIO
Eichwalde, April 27th, 1997 - P#57

I.
Vergang'ne Zeit liegt fern dahin,
Verlor'nes Gut sucht neuen Sinn,
Verfloss'ne Taten neuen Mut,
Erlosch'nes Feuer neue Glut.
Und so steigt Nebel jetzt empor,
Der Schoß der Flüsse ihn erkor,
Die endlos in den Zeiten zieh'n
Und tragen so, was einst verlieh'n
Als Bürde zwar, doch auch als Werk,
Das springet froh aus festem Berg,
Zersprengt Gestein und Länder leicht,
So daß das Alte wird erweicht
Und gibt in neue Formen sich,
Gezwungen dazu schöpferisch
Mit Drang zum Wandel in der Zeit,
Auf Wegen, die doch scheinen weit.
So Neues wächst ja denn heran,
Daß es auf neuem Boden dann
Den Stürmen trotzen eifrig wird
Und fangen auf, was sich verirrt.

II.
Der Nebel steigt aus Fluten tief,
Er folgt dem Wort, das jetzt ihn rief
Und zeiget an, was wird gescheh'n:
Daß Blinde werden wieder seh'n,
Daß Sehende denn werden blind:
Denn wenn der Lauf der Zeit verrinnt,
Nichts bleibet fest und starr allhier,
Nichts bleibt in stetigem Revier
Und scheut und trotzen Wandel kann:
Denn diesmal stehet dieser an.
Dem Volk des Herrn wird er jetzt kund,
Der jetzt erneuern wird den Bund,
Den alle Zeiten werden seh'n,
Der niemals je denn kann vergeh'n.
Der ew'ge Bund seit Väter Tag,
Seit Abraham und Isaak,
Auf Israel gebauet fest,
Daß Gottes Volk sich leiten läßt,
Geleitet durch den Lauf der Erd',
Dies' Bund von nun an ewig währt.

III.
Der Erden Mächte glauben leicht,
Daß nie das Ende sie erreicht;
Auf ewig soll die Herrschaft steh'n,
Auf ewig und soll nie vergeh'n.
Des Menschen Werk - welch Meisterstück,
Welch Beispiel denn für höchstes Glück?
Hinweg! Im Nu! Was denkt ihr dann?
Strebt ihr den Stuhl des Herren an?
Wer seid ihr, Würmer, stellt euch quer,
Ihr quengelt, nörgelt, kommt einher,
Was suchtet ihr als Götzen euch?
Welch sinnlos - dummes, falsches Zeug?
Der Götter nicht nur einer, nein,
Gleich Dutzende ja soll'n es sein,
Doch was verwundert denn so sehr:
In allem eurem Götterheer
Sie sind geschaffen nach dem Bild,
Das nur aus euren Hirnen quillt.
Denn einfach ja sie sollen sein
Und stützen eurer Wünsche Schein.

IV.
Ach Pharao, welch Narr bist du!
So siehst du machtlos nur noch zu,
Wie alle Plagen kommen nun
Und stören all dein göttlich' Tun.
Denn Gott du selber ja dich nennst;
Wenn du dich nur nicht selbst verkennst?
Schweig' Stille, Hofnarr, der du bist,
Denn nicht die Größe deiner List,
Nicht Reichtum, Macht, nicht Ehr' und Ruhm
Soll'n helfen dir, all das zu tun,
Was Gottes Taten nun mal sind -
Welch dummes, einfältiges Kind!
Gottloser Herrscher, fragst du noch,
Ja wagtest deinen Namen doch
Als wichtigsten zu sehen hier,
Als ew'ger Zeiten höchste Zier?
Doch Israel kreuzt deinen Weg,
Den dünnen, schwachen, seichten Steg,
Auf dem zu wandeln du gedenkst -
Von dem du glaubst, daß du ihn lenkst.

V.
Und Moses nun, was suchst du dann?
Daß diese Last verschwinden kann?
Daß all dies' Bürden schwinden gleich?
Daß Ruhe kehrte ein ins Reich?
Was fragst du, höre, höre zu,
Nicht zweifle, grüble, denke, tu!
Des Herren Wege steinig sind,
Und nichts für jene, die sind blind,
Die taub sind ja für Gottes Wort,
Nicht sehen Seinen heil'gen Hort,
Nicht reden ja, wovon Er spricht,
Nicht folgen denn dem ew'gen Licht.
Doch sehet nun und folgt dem Herrn!
Brecht auf in Länder, die sind fern!
Den Pharao wirft Er in Schand',
Macht ihn zum Narr im eig'nen Land.
So, Moses denn, stets weiter zieh'
Und frage niemals nach dem Wie:
Der Herr, der alle Wege macht,
Hat längst doch dies für dich bedacht!

VI.
Nun zieht er los, der gute Knecht,
Mit Aaron ja, der Gottes Recht
Erkennet auch und glaubt sodann.
Und niemand sie je halten kann.
Doch Pharao, welch Mensch bist du?
Willst niemals geben du je Ruh'?
Dein Herz ist hart; der Herr dies tat,
Zu zeigen, daß das Schicksal naht
Auch denen, die sich sicher sind,
Doch siehe da - gleich wie geschwind
Die Wasser und Gewalt der Welt,
All dies' dem Herrn zu Füßen fällt.
Doch sicher geht die Gottesschar
Und unbeschadet steht sie da.
Des Herrschers Heer der Herr zerstört,
Daß alle Welt denn nun es hört:
Das Volk des Herrn, es ist befreit!
Es geht in eine neue Zeit,
Soll wandeln ja auf seinem Pfad,
Für ewig ja in seiner Gnad'.




April 10th, 1999









Phil John Kneis:

LAVDATIO - EXODVS II:

TV SOLVS DOMINVS
Eichwalde, May 18th, 1997 - P#60



PROLOGOS

I.
Allen Zeiten, allen Klagen,
Allen einst vergang'nen Tagen,
Allen Formen, allen Wesen,
All' Gedanken, allen Thesen,
Allem, das vor Zeiten wogte,
In die Schöpfung hinein tobte,
Dem, was vor dem Leben lebte,
Dem, was früh sich einstmals regte;
Allen diesen alten Wegen
Schenktest Du ja Deinen Segen,
Und vor allem einstmals Alten
Solltest stetig, ewig walten.
Alles kam durch Deinen Namen
In den uns bekannten Rahmen,
Nichts in allem von Bestande,
Das als Vater Dich ja nannte,
Nichts der Gegner blieb erhalten,
Konnt' sich dauerhaft entfalten;
Was dem Dunkel einst entsprungen,
Letztlich ward' vom Licht durchdrungen.

II.
Alle Wunden, alle Narben,
Derentwegen wir oft darben,
Alle Klagen, Sorgen, Sitten,
Derentwegen wir so stritten,
Alle Grenzen, Wogen, Enden,
Derentwegen wir doch wenden;
Nichts von allem bleibt verborgen,
Nichts denn leugnet fernes Morgen,
Nichts bleibt fort und ist verloren,
Alles denn ist auserkoren,
Einst zu sehen, streben, leben,
Heute doch die Kraft zu geben,
Heute doch in Einheit bauen,
Ganz ja hoffen, ganz vertrauen,
Nichts vergebens, nichts verschwunden,
Nie sind alle frohen Kunden
Nur verdrängt aus allen Worten
Durch das Dunkel an den Orten,
Wo Dein Name ist gemieden -
Selbst dort kommen wird Dein Frieden.

III.
Alles wird Erkenntnis finden,
Alles von Erkenntnis künden,
Nichts von allem kann verharren,
Nichts in allem kann erstarren,
Nichts vor Dir verborgen glauben,
Nichts der Zukunft Früchte rauben.
Wo sind Zweifel, wo sind Fragen,
Wo Verzweiflung, wo ja Zagen,
Das in Dir kein Hoffnung sehen,
Allem Treiben ja entgegen,
Das die Welt entgegensetzen,
Ewig Kampfes Messer wetzen,
Dir das Zepter will entreißen -
Alle diese alten Weisen,
Alle diese neuen Toren,
Allen diesen ging verloren,
Was aus allen Zeiten ragte,
An dem Stein des Alten nagte.
Doch eröffnet bleibt Dein Name,
Und in allem keimt Dein Same.




DOMINE DEVS, REX CAELESTIS!

I.
Wo Schöpfung eifrig um sich greift,
Wo alles ja der Wandel streift,
Wo nichts verschont, nichts bleibt verkannt,
All dort ist ewig er genannt,
Der Name Dein, das mächt'ge Wort,
Das nennt den Schöpfer fort und fort,
Den Herrn, der blieb und ist und kommt;
Die Schöpfung allzeit ihm nur frommt,
Der ewig ist, der immer da,
Der unsre Taten, alles sah
Und sieht und werden wird ganz nah.
Nichts ist ihm fern, nie ist Gefahr -
Denn alles endet einst bei ihm.
So mag gar rennen, laufen, flieh'n
Und hüten sich ein jeder dann;
Doch nichts von allem ficht ihn an.
Der Tod ist Sein, das Leben Tod,
In Not ist Glück, in Glück ist Not.
Was wissen wir? Was maßen an?
Doch nichts von diesem schaden kann.

II.
Kein Schaden denn, kein falscher Sieg,
Kein Licht, das aus dem Dunkel stieg,
Kein Täuschung, Falschspiel hilft allhier,
Kein' Opfermine vor der Gier.
All' Spiel verfliegt, das Menschen Werk,
Aus Berg wird Tal, aus Tal wird Berg,
Nichts hat Bestand, nicht Formen zähl'n,
Nicht Masken, die wir uns erwähl'n,
Nicht Märchen, Lügen, wilde Mähr'n
Das Ende einst von uns abkehr'n.
Doch halt - welch Worte, düster, hart,
Stört dies das Bild, das so oft harrt
In Köpfen, Büchern, Träumen ja?
Soll dieser Gott ein Schöpfer zwar,
Doch Richter nicht, nein, niemals sein?
Daß Wasser floß aus festem Stein,
Daß kämpfte er für Israel,
Daß schützte er oft unsre Seel',
Dies woll'n wir hör'n, dies nur erzähl'n,
Doch aus der Pflicht uns gerne stehl'n.

III.
Ein solches Bild, o nein, bewahr!
Ein Gott, der ist und immer war,
Welch Recht hätt' er zu richten noch?
Uns Hilf gewähre, bitte doch,
Doch Freiheit stets uns schenke denn,
Von unsren Plänen nie uns trenn',
Ja bleib' auf Deiner Wolke fern,
Am besten zieh' zum nächsten Stern,
Wir rufen doch, dann kommst Du gleich
Zu schützen stets ja unser Reich -
So denken Sie und mahnen an,
Daß alles ja geschehen kann,
Was unsrem Geiste gleich entspringt -
Auch wenn es Blut ist, das dann rinnt,
Auch wenn Verderben uns umschlingt,
Auch wenn das Land im Neid versinkt,
Sind andre Götter besser dann,
Die jeder gleich verstehen kann,
Gleich Menschen sie und klassisch chic,
Mit ewig sanftem, schwachem Blick.

IV.
Welch Lachen tönt aus eurem Wort,
Welch Dunkelheit an eurem Ort,
Ein Dunkel, das von Herzen stammt,
Nicht Lichtes Feuer ihr entflammt,
Doch düstre Flammen, wütend Heer,
Die Herzen finster, tiefes Meer,
Ein Meer, das euer Sein verschlingt,
Das letztlich euch zu Boden zwingt.
Wo Freiheit rief, nur Götzen war'n,
Die grinsend zu euch freudig starr'n,
Denn ihr am Ende ziellos seid,
Nur sucht den Helfer in dem Streit,
Nicht findend ihn - wo ist er hin?
Habt Glauben ihr nun doch im Sinn?
In Schützengräben wird euch schwach,
Ihr mögt verzagen, seltsam, ach,
Der Welten Ruf war stärker so,
Des Gegners Kern so dreist und roh,
Nun kommt ihr an, doch welch ein Bild -
Die Augen vor Verzweiflung wild.

V.
Verfolgt von Schatten, rennt ihr gleich,
Verwahrlost liegt jetzt euer Reich,
Nicht Göttern gleicht ihr, Kindern nur,
Gar ziellos rennend durch die Flur.
Reut euch die Tat? Ja, kehrt ihr um?
Nun redet doch, stellt euch nicht stumm!
Was wolltet ihr, welch Streben lag
In eurem Sinn an jedem Tag?
Ihr wolltet hoch, ja hoch hinaus,
Errichten euer eig'nes Haus,
Ein Haus der Herrschaft überall,
Das niemals kommen sollt' zu Fall,
Die Erde ja beherrschend stark,
Bis hilflos sie und blutig - karg,
Am Boden liegend, schwach, verbraucht,
Nur euer Kriege Pulver raucht.
Behüter ihr und Schöpfer gar?
O welch ein eitler, dummer Narr,
Der glaubt zu herrschen ohne Gott -
Gar zu besiegen einst den Tod.

VI.
Der Herr ist gütig doch und harrt,
Daß ihr euch denn zu Ende narrt,
Und seht, was wahr und richtig ist.
Denn niemals Er sein Volk vergißt,
In jeder Stund', zu jeder Zeit
Ist er zur Stell' in jedem Streit.
Unzählig Tode starb er schon,
Ja opferte den eig'nen Sohn -
Ist das so schwer, zu unerhört?
Wird dadurch euer Bild gestört,
Das ihr Ihm gabt, um zu erklär'n,
Daß ihr von ihm euch mußtet kehr'n,
Gabt falsches Zeugnis, täuschtet euch,
So daß in allem Weltgeräusch
Sein' Stimme euch nicht rufen könnt',
In Sicherheit ihr euch gewähnt,
Doch dies war Wahn, ein schlechtes Spiel,
Vom Wege kamt ihr ab, vom Ziel,
Doch nichts von all dem, was ihr tat't,
War wahr und leugnet seinen Rat.




EPILOGOS


Nichts ist verloren, und nichts ist vorbei,
Nie geht verloren ein suchender Schrei,
Nichts ist verborgen und nichts ist allein,
Nie ist verborgen ein leidendes Sein,
Nichts ist versunken in dunkelster Nacht,
Nie ist zu missen Sein' sorgende Wacht,
Nichts ist verborgen auf ewige Zeit,
Nie ist die Lüge der Sieger im Streit,
Nichts ist vergebens auf unserem Weg,
Nie ist verwehrt uns der sichere Steg.
Er nur ist Hoffnung und Gnade allein,
Er nur ist Leben und ewiges Sein,
Er nur kann retten aus ewiger Not,
Er nur besiegen den ewigen Tod,
Er nur ist Halt uns auf rasender Fahrt,
Er nur am Ende denn unser einst harrt,
Er nur gibt Kraft uns und leitet uns an,
Er nur kann lösen uns aus fremdem Bann,
Er nur ist Schöpfer und hält dieses Zelt,
Er nur ist König in unserer Welt.




April 10th, 1999









Phil John Kneis:

LAVDATIO - EXODVS III:

POTESTAS
Eichwalde, March 9th - June 30th, 1998 - P#85



QVIA TVVM EST REGNVM ET POTESTAS
ET GLORIA IN SAECVLA
QVI VIVIS ET REGNAS IN SAECVLA SAECVLORVM




EXPOSITIO:

PROLOGOS
PARS PRIMA: SVB ROSA
PARS SECVNDA: CASVS BELLI
PARS TERTIA: AVT VINCERE AVT MORI
PARS QVARTA: TEMPVS FVGIT
PARS QVINTA: E PLVRIBVS VNVM
EPILOGOS



PROLOGOS

Die Macht ja in allem, die Macht zu erstreiten,
Die Macht, die soll alles vor allem bereiten,
Die soll einst gewinnen, soll Siege erringen,
Soll Frieden und Glück und die Zukunft uns bringen,
Die Macht aller Mächte wir suchen so gräßlich,
Sie trübt alles Denken gar düster und läßlich,
Das Streben nach dieser ermordet das Denken,
Es läßt uns Gedanken des Mordens nur schenken;
Wo Macht ist bei Menschen, ist Mißbrauch zutage,
Mißbraucht wird sie stets und in jeglicher Lage.
Was stört's, wer sie hat - sie besticht ihn ohn' Mühe,
Läßt los nicht am Abend und nicht in der Frühe;
Verdorben die Wege der Herrscher beizeiten,
Wenn nicht sie der Macht selbst ein Ende bereiten,
Sie mindern, verfolgen, zerstören, vernichten -
Nur so kann man selber gar Licht endlich sichten,
Denn Macht ist das Ende in Wesen der Welten,
Sie nutzen sie nur, um gar groß ja zu gelten,
Sie werden verderben und sind schon verloren,
In Händen der Macht sind sie elende Toren.




PARS PRIMA: SVB ROSA

I.
Will alles entgleiten,
Will alles denn leiten
Sich lassen, nicht rufen
Auf wandernden Stufen
Den Namen des Alten,
Der wieder will walten?

II.
Ist schon es vergebens
Am Anfang des Lebens
Zu hoffen, zu suchen?
Soll doch alles Fluchen
Das Ende beschwören,
Die Hände betören?

III.
Ist alles gestorben?
Wenn nicht, doch verdorben?
Zerbrochen im Spiegel?
Intakt noch das Siegel,
Doch wandern die Hände,
Es öffnend behende?

IV.
Nichts traut sich zu reden,
Nichts wagt sich zu regen,
Nichts atmet, nichts wanket,
Nichts höher nun ranket,
Nichts spricht, was erwartet,
Nichts sieht, was gestartet?

V.
Kein Wort mehr zu hören,
Kein Laut will begehren
Den Schall, ihn zu fragen
Daß sollt' er ihn tragen -
Die Stille des Todes
Am Hof des Herodes.

VI.
Der Nebel sich leget
Und leise nun schwebet,
Bedeckt alles Warten,
Wer wacht noch im Garten;
Wenn alles ist stille,
Erstirbt jetzt der Wille.




PARS SECVNDA: CASVS BELLI

I.
Es warten die Taten,
Noch braucht man die Raten,
Die zahlen fürs Warten.
All die, welche harrten
So früh noch geduldig,
Bald werden sie schuldig.

II.
Kein Grund ist zu niedrig,
Kein Wahrheit zu widrig,
Das Recht spricht der Sieger -
Das Recht macht der Krieger.
Sie schreien und stürmen,
Und Leichen sich türmen.

III.
Wer anfängt, ist nichtig,
Wer stirbt, scheint nicht wichtig.
Wenn alles am Ende,
Was zählen die Hände,
Die Blut von sich waschen,
Zu füllen die Taschen?

IV.
O, alles vergebens!
Der Sinn allen Lebens
Wird hier jetzt begraben,
Wie Wölfe sich laben
Am Blut ihrer Beute,
Giert hier diese Meute.

V.
Sind Menschen dies immer?
Wo bleibt denn der Schimmer
Des Wissens um Ehre?
Um himmlische Heere?
Um Schmerzen, die teilen
Wir alle zuweilen?

VI.
Ist all dieses Rasen
Gefüllt nur mit Blasen,
Die platzen beim Aufprall -
Sollt' dies sein ein Unfall?
Ach nein, Gott behüte!
Wir sind doch voll Güte!




PARS TERTIA: AVT VINCERE AVT MORI

I.
Ist Stille in allem und Dunkelheit kommet?
Ist alles so ruhig, daß Frieden es frommet?
Ein' Ruhe des Friedens - ein Ruhe des Sterbens?
Ein' Ruhe des Bald-ja-in-Blut-sich-schon-Färbens?
Denn Donner wird kommen, er naht sich von weitem,
Will Warnung erteilen und Schrecken verbreiten,
Doch ist er's nicht selber, er ist nicht das Ende,
Das Ende ja bringen einst menschliche Hände!
Denn nichts ist geschaffen, um sinnlos zu sterben,
Das Leben ist nicht für den Tode das Werben -
Hier dringen die Laute des Kämpfens schon näher,
Der Lärm und die Schreie, schon sieht sie ein Späher,
Wer letztlich begonnen, ist nicht zu entscheiden,
Wer will denn gewinnen, was ist zu vermeiden,
Wieviele Verluste, wieviel werden sehen
Das Leid dieses Tages, wieviel werden gehen?
Der Staub mag verdecken die letztlichen Taten,
Doch Lärm und das Ende ja lassen erraten,
Was dort war geschehen, was nicht ist zu meiden -
Viel später erst werden die Schafe hier weiden.

II.
Will Israel sterben - will Israel leben?
Was sind wohl die Opfer, die hier es wird geben?
Ein Kampf unter vielen, ein Krieg unter Kriegern,
Wer letztlich am Ende wird jubeln und siegen,
Weiß keiner am Tage, weiß keiner zu sagen -
Am Ende des Tages nur füllen die Klagen
Der übrigen ein in die Trauer der Toten -
Der Schmerz aller andren ist nicht auszuloten.
Sind dies denn die Wege, die gehen wir wollen?
Sind nicht dies die Taten, die meiden wir sollen?
Nicht mehr heißt es schützen, verteidigt den Frieden,
Schon jetzt heißt es drohen und kämpfen, befrieden,
Und Macht wird begrüßet und Macht sich geschaffen
Mit Worten und Gesten und letztlich mit Waffen -
Das Recht ist bei denen, die Stark sind und schneller,
Sie werden denn herrschen und werden zum Fäller,
Zum Fäller der andren, die nicht können handeln,
Zum Fäller der Schwachen, die nur dürfen wandeln
In steter Kontrolle durch herrschende Hände,
Gebunden durch sinnes-entleerende Stände.

III.
Die Waffen erklingen, die Stürme sich schwingen
Hinan um zu wüten, hinan um zu bringen
Jetzt Tod und Vergeltung am Ende der Tage -
Nichts stellt sie von obersten Stellen infrage,
Denn alles, was herrschet, erlieget dem Tranke -
Vom Tranke des Herrschens, daß nie einer wanke,
Der aufrecht zu gehen geschafft hat durch Leichen,
Geschafft zu gesellen sich zu seinesgleichen
Die Macht schon ja glaubend als höchsten der Herren,
Die Macht, andre Menschen vor Richter zu zerren,
Die Macht, zu verbieten, die Macht ja, zu lenken,
Zu Lenken der Menschen gemeinigstes Denken -
Von Macht ja besessen, vom Rausche ja trunken -
In Macht ja doch mächtig und tief ja versunken,
Nichts sehend, nichts hörend, nichts denkend, nichts fühlend,
Nur mächtig im Bade der Massen sich sühlend,
Dem Baal ja als Götze er selber daneben,
Als gleicher den Götzen will er sich erleben,
Befiehlt er, beginnt es, das Schlachten und Sterben,
Will er es, so wird sich das Land blutig färben.

IV.
Und alles versinket in finstere Tage,
Ans Licht sich erinnernd ja bestens noch vage,
Und Angst herrscht mit Schrecken und Terror verbündet,
Wer jetzt noch den Frieden auf Erden verkündet,
Den packt das Gelächter der Massen gefangen,
Verlacht wird die Botschaft, der Bote erhangen -
Ein Lachen des Horrors, gewahr der Vernichtung,
Ein Lachen des Folgens, gemäß der Verpflichtung,
Dem Herrscher zu folgen, dem Herrscher aus Fleische,
Dem Herrscher, der täglich verwaltet die Reiche
Der Menschen zusammen - nicht Staaten, nicht Lande,
Nicht Bünde, Armeen, nicht künstliche Bande -
Kontrolle ist immer Kontrolle der Vielen,
Gespalten in jeden mit einzigen Zielen,
Nicht einer aus allen, nein, alle sind einer -
Den Widerspruch waget nur manchmal ein kleiner,
Doch Macht dann ergreift ihn und zwingt ihn zu Boden,
Und wenn nicht er singet die feinesten Oden
Dem Monster, das sitzet auf menschlichem Throne,
So wird ihm der Tod ja zum letztlichen Lohne.

V.
Es wüten das Monster und seine Dämonen,
Es wird sie mit Blute ja eifrig belohnen,
Verzerrt sind die Fratzen, die Fratzen im Innern -
Nach außen die goldensten Masken erschillern -
Das Monster ist mächtig, es herrscht ja mit Schrecken,
Selbst mutigsten Geistern kann Furcht es erwecken -
Es kreuzigt ja täglich den Sohn unsres Herren,
Es zögert ja nie, ihn zum Kreuze zu zerren -
Es kann nicht verstehen, daß all ja sein Treiben,
Daß nach seinem Denken soll ewig ja bleiben,
Wird einst ja versinken in elendem Wimmern,
All Glanz ja, den wollte es ständig sich zimmern,
Verschwunden, vergessen, verdorben, vergangen -
Wird alles von seinen Verbrechen verhangen,
Nicht Ruhm ja, nicht Ehre, nicht Gold und nicht Leben -
Man wirft es hinweg wie vergammelte Reben,
Verdorben, verseucht und gar widerlich dunkel,
Verbannt es sich dorthin, wo nichts vom Gefunkel
Der Sterne zu sehen - und mag es auch flehen,
Der Spruch bleibt bestehen: Sein Rum wird vergehen.

VI.
So rufen sie alle, doch schreien vergebens -
Den Hüter des ihnen so wichtigen Lebens
Nicht unter den Menschen sie werden je finden,
Und Unrecht und Leid ja sie müssen verkünden
Auf ewige Zeiten, auf all unsren Bahnen -
Egal welch' Symbole, egal welche Fahnen:
Kein Ort dieser Welten kann Heimat uns werden,
Den Ort unsres Ursprungs nicht unsere Erden,
Nein, wir ihn im Herzen ja stets mit uns tragen,
Egal, welche Wogen des Schicksals uns plagen -
So wissen wir immer: Was soll schon geschehen?
Wenn alles des Irdischen einst muß vergehen,
So bleibet in allem doch Eines erhalten,
Das Eine, das Wort ja, das ewig wird walten,
Das Wort unsres Herren, der steht uns zur Seite,
Beschützt uns in all diesem irdischen Streite,
Sein Großmut besiegt all Gekläff und Gezeter,
Sein Liebe verbannt das, was früher und später
An Unrecht getan und aus Haß ja geschehen,
All Feindschaft wird dann in der Tat ja vergehen.




PARS QVARTA: TEMPVS FVGIT

I.
Im Schrecken der Tage
Liegt still ja die Frage,
Die Frage, die dränget,
Daß mit ihr man zwänget
Die Antwort zutage,
Die endet die Plage.

II.
Nichts ist hier zugegen,
Das kann sich noch regen,
Kein Funke des Lachens,
Nur Röcheln des Rachens
Klingt hier noch entgegen,
Nichts kann sich mehr regen.

III.
Erfolg ja in allem!
Erfolg kommt mit Schallen!
Mit Schall ja des Schwertes,
O glänzend verehrtes,
Mit Schall ja voll Feuer
Ist nichts mehr geheuer.

IV.
Sind Opfer die Krieger?
Die Schwachen die Sieger?
Die Kleinen die Starken?
Und die, welche harken
Die Trümmer zusammen,
Woher die wohl stammen?

V.
Die Zeit ist zu Ende.
Was taten die Hände,
Die schrieben und gaben,
Zu freuen und laben
An Schöpfung sich friedlich,
Von Herzen ja gütig?

VI.
Wir sitzen auf Leichen
Und müssen jetzt reichen
Die Hand ja den andern,
Zu Sternen wir wandern,
Nach Sternen wir greifen,
Doch müssen wir reifen.




PARS QVINTA: E PLVRIBVS VNVM

I.
O Israel, schaue!
Dies Haus nun erbaue,
Ein Haus, das steht feste,
Das liebet die Gäste,
Die kommen in Scharen,
Viel wollen erfahren.

II.
O Israel, höre!
Die Ruhe nicht störe,
Denn Ruhe ist Frieden,
Und schenk' sie den Müden -
Doch ruhe und schaffe,
Dein Wort nur als Waffe.

III.
O Israel, gehe!
An Orten nicht stehe,
Doch dränge zu wissen,
Du sollst doch nicht missen
Entdeckung und Wunder,
Und alles wird runder.

IV.
Der Kreis einst sich schließet,
Wenn nicht ihr vergießet
Das Blut eurer Kinder.
Ihr seid doch Erfinder
Und Schöpfer und Hüter -
Nur Gott ist Gebieter.

V.
Verlaß' alte Pfade
Und suche die Gnade
Stets neu, du wirst finden,
Daß sie will verkünden
Stets Neues und Altes
Und Helles und Kaltes.

VI.
Aus vielen wird eines,
Kein winziges kleines,
Ein Platz aller Wesen -
Er ist stets gewesen
Mit euch und wird werden
Für all' unsre Erden.




EPILOGOS

Was Macht hat erstritten, kann ewig nicht walten,
Was Macht hat errungen, kann nie sie erhalten,
Was Macht hat erbauet, wird elend zerfallen,
Was Macht hat geformet, wird fallen mit Schallen.
Solch Macht, die auf Erden geboren zu streiten,
Kann niemals die Völker zum Frieden anleiten,
Nur Macht, die ist Frieden und schützt alles Leben,
Nur Macht, die sich selber zum Opfer will geben,
Nur Macht, die ist Ohnmacht, wird letztlich auch siegen,
Nur Macht, die nicht tobet, wird nimmer erliegen.
So Nicht-Macht ist stärker als alles, was schreiet,
Und Nicht-Macht hält fester, wo Macht nur entzweiet,
Nur Nicht-Macht kann schaffen und wahrhaft vergeben,
Nur Nicht-Macht kann leben und Leben dann geben,
Ja, Nicht-Macht ist weise und will sich verneinen,
Erkennt, daß all' Macht ja entstammt von dem Einen,
Der war und der ist und der ewig bestehet,
Der stets doch aus Lieben für uns selbst vergehet,
Dem Herrn aller Herren, dem König des Lichtes:
Nur Gott ja ist Richter des höchsten Gerichtes!




April 10th, 1999