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1. Popular Culture1.1. EinführungBetrachtet man die westliche Kultur der einzelnen Jahrhunderte, so würde das zwanzigste Jahrhundert sich von allen vorherigen abheben durch die enorme Vervielfältigung von Medien, Produzenten und Rezipienten der Kultur. Technischer Fortschritt und politisches Klima schufen eine Atmosphäre, in welcher nicht nur neue und alte Medien gedeihen konnten, sondern auch im wesentlichen die gesamte Bevölkerung teilhaben konnte an dem, was im allgemeinen als Kultur bezeichnet wird. Was einst ein Vorrecht der Reichen und Gebildeten und Privilegierten gewesen war, kommt nun einer großen Bevölkerungsschicht zugute. Und damit noch nicht genug - betrachtet man die amerikanische populäre Kultur, so geht sie oftmals über die Landesgrenzen hinaus, wird globale Kultur. Wenn man mit Kultur die gesamte Lebensart bezeichnen kann[1], so zählen dazu alle Lebens- und Kunstbereiche. Diese Arbeit soll sich auf den Aspekt Film und Fernsehen konzentrieren. 1.2. Film und FernsehenZu den neueren Medien, welche im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts entstanden sind, zählen Film und Fernsehen. Beide sind nahe verwandt in der Kombination von Text, Musik und Bildern, wobei jedoch durchaus wesentliche Unterschiede existieren, die ihren Ursprung in Finanzierung und zur Verfügung stehender Zeit haben. Während Fernsehproduktionen in der Regel billiger und schneller produziert werden müssen, steht für Kinofilme oft mehr an Ressourcen und Zeit zur Verfügung; dieser Unterschied wirkt sich normalerweise auf den Charakter und die Qualität des Produkts aus. Allerdings ist - beim Film seit Star Wars (1977), beim Fernsehen womöglich seit Star Trek: The Next Generation (TNG, 1987-1994) - ein gewisser Wandel zu verzeichnen; eine Tendenz zu größerem Aufwand und mehr visuellen Effekten. Science Fiction wurde zu einem der beliebtesten und verbreitetsten Genres. Seit Twin Peaks (1990-1991) und The X-Files (seit 1993) ist zusätzlich noch eine Tendenz zum Unerklärlichen und Okkulten, Mysteriösen in Verbindung mit Horror und Science Fiction zu bemerken. Im folgenden werden Star Trek und The X-Files betrachtet. |
2. Star Trek2.1. Zug zu den SternenStar Trek begann als eine SF-Fernsehserie, welche über drei Jahre von 1966-1969 lief. Das Neue an Star Trek war, daß zum einen SF diesmal nicht primär als Monster of the Week Show genutzt wurde, sondern sich mit der Sendung auch gewissen Inhalte verbanden. Der andere Faktor war die gemischtrassige Crew der Enterprise, welche neben einem amerikanischen Weststaaten-Captain einen halb-außerirdischen ersten Offizier, einen Südstaaten-Doktor, einen russischen Navigator, einen japanischen Steuermann, eine Afrikanerin als Kommunikationsoffizier und einen Schotten als Chefingenieur aufzuweisen hatte; eine Mischung, welche für die damalige von Rassenunruhen geprägte Zeit einzigartig war. Nach der Absetzung der Serie entwickelte sich eine derartige Anhängerschaft, daß bis heute vier Nachfolgeserien[2] und acht Kinofilme[3] entstanden sind. 2.2. SternenphilosophieStar Trek präsentiert uns eine Gesellschaft ohne Klassenunterschiede, ohne Armut, ohne Geld - ein utopisches Bild, das nicht mehr viel mit der Gesellschaft des 20. Jahrhunderts gemein hat. Die Erde ist Teil einer galaktischen Föderation, die Serien und Filme konzentrieren sich auf die Erlebnisse der Angehörigen der Weltraumflotte (Starfleet). Abgesehen von der utopischen Prämisse jedoch beschäftigt sich Star Trek, wie jede gute Science Fiction, mit menschlichen Problemen des 20. Jahrhunderts, die quasi allegorisch ins 23./24. Jahrhundert übertragen werden. Dieser allegorische Charakter wirkt sich auch und vor allem auf die Darstellung der außerirdischen Rassen[4] aus; diese sind zwar in der Fiktion außerirdisch, repräsentieren aber eher menschliche Eigenschaften. So sind die Klingonen eine kriegerische, aggressive, aber sehr auf Ehre bedachte Rasse, welche in der ersten Serie wohl als Sinnbild für die UdSSR gestanden hat. Der Friedensschluß und die Allianz von Föderation und Klingonen in Star Trek VI trifft zeitlich mit dem Ende des Kalten Krieges auf der Erde des 20. Jahrhunderts überein. Die Darstellung der Ferengi, einer primär auf Geldgewinn orientierten Spezies, läßt antikapitalistische Tendenzen in Star Trek erkennen. Der Leitspruch der Serie ist Infinite Diversity in Infinite Combinations (IDIC). |
3. The X-Files3.1. UnerklärlichesThe X-Files ist eine Fernsehserie, welche sich primär der Suche nach dem Unerklärten widmet. "The Truth is Out There" ist der Leitspruch, unter welchem FBI Special Agent Fox Mulder sich auf die Suche nach einer Wahrheit macht, welche schwer zu verstehen und wissenschaftlich nicht so einfach nachzuvollziehen ist. Seine skeptischere Partnerin, Special Agent Dana Scully, steht ihm zur Seite, nachdem sie ihm als Beobachterin zugeteilt worden war, um seine Arbeit wissenschaftlich zu bewerten. Die Serie ist eine Mischung aus Horror, Science Fiction und Kriminalstück; sie beschäftigt sich mit Serienmördern, Monstern, Mutanten, Hellsehern, Geistern, Verschwörungen und Außerirdischen. Während sie anfangs als Totgeburt bezeichnet wurde, konnte sie schon am Ende der ersten und während der zweiten Staffel eine derartig große Anhängerschaft gewinnen, daß 1996 eine quasi-Nachfolgeserie[5] angelaufen und im Juni 1998 - während die Serie noch im Fernsehen läuft - der erste Film[6] in die Kinos gekommen ist. 3.2. Düstere VisionenIm Gegensatz zu der relativ heilen Welt von Star Trek präsentiert The X-Files eine bedrückende, düstere Atmosphäre, in welcher keiner einem anderen vertrauen kann. Feinde und Freunde sind nur schwer auseinanderzuhalten, selbst das FBI ist nicht mehr vertrauenswürdig. Die Verschwörungsebenen vernetzen sich ineinander, die Männer im Hintergrund operieren mit Lügen und Attentaten und Intrigen. Wahrheit und Lüge sind nicht auseinanderzuhalten, sind zu sehr miteinander verknüpft, als daß man sie identifizieren könnte. Der rote Faden, welcher sich durch die Handlung zieht und sich in einzelnen "Verschwörungsfolgen" manifestiert, ist nur teilweise sichtbar und wird nur schrittweise offenbart, jedoch für jedes neue Stück Wissen werden neue Lügen, neue Ablenkungsmanöver, neue Fragen aufgeworfen. Die eigentliche Verschwörung - die Kolonisierung der Erde durch eine vermutlich außerirdische Spezies, welche sich zur Ausführung ihrer Pläne auf ein Syndikat, eine Art globalen Geheimbund oder Schattenregierung stützt - wirkt wie ein düsteres Schicksal, unabwendbar und unfaßbar in Dimension und Geschichte. Die einzelnen Charaktere sind nicht, wie bei Star Trek, Mitspieler, sondern nur Spielfiguren, die von anderen manipuliert werden, welche wieder nur Handlanger und ausführendes Organ anderer sind. Wichtig sind nur noch die Taten der einzelnen; und so wird dezent auf die Behandlung sozialer Randgruppen und fast vergessene Greueltaten und Unfaßbarkeiten der Geschichte hingewiesen, wie zum Beispiel die nach dem II. Weltkrieg erfolgte Kollaboration der amerikanischen Regierung mit hochrangigen Naziwissenschaftlern, um sich einen Vorteil im Kalten Krieg zu sichern[7]; ebenso wird zum Beispiel gezeigt, daß der Golfkrieg durchaus nicht der "saubere" Krieg gewesen ist, wie ihn die Medien sonst dargestellt hatten, sondern daß auch dieser moderne Krieg seine Opfer und Tragödien aufzuweisen hat[8]. |
4. Methodik4.1. KompositionStar Trek ist vom Format her eine typische Fernsehproduktion: Dialoge überwiegen, während die Kulissen sich meist auf das Notwendige beschränken; die Serie wirkt wie ein Bühnenwerk[9]. Star Trek hat den Charakter einer Fallstudie; jede Folge stellt sich ein Problem, welches es zu lösen gilt, und dies geschieht dann auch. Zwar gehen neuere Trends vor allem in Deep Space Nine und Voyager auch in eine etwas andere Richtung und präsentieren ebenfalls Konflikte in der Crew selbst, jedoch ist bei Star Trek alles immer logisch, vernünftig und in der Regel auch lösbar. Dies wird - auch bei einigen Ausnahmen in der letzten Zeit - wohl immer so bleiben. Star Trek ist in diesem Sinne streng traditionalistisch und sich seines Erbes bewußt, genauso wie Star Trek auch immer kontroverse Themen der Gesellschaft behandeln wird. The X-Files dagegen unterscheidet sich von anderen Fernsehproduktionen durch weniger Konzentration auf den Dialog, statt dessen zählt die Gesamtkombination. The X-Files operiert hauptsächlich emotionell, weniger rational. Düstere, oft beklemmende und klaustrophobische Bilder werden gestützt durch oftmals undurchsichtige (aber nie unlogische) Handlungsstränge. Durch die Übermacht von Bild und Musik und Atmosphäre (wie sie eigentlich eher für den Film denn fürs Fernsehen charakteristisch ist) erhalten die Dialoge noch eine größere Bedeutung als bei Text-fixierten Produktionen. 4.2. ReflexionenIn beiden Fällen werden jeweils Probleme und Themen der Gesellschaft angesprochen und die Kultur des Landes reflektiert, jedoch könnte die Art und Weise nicht unterschiedlicher sein. Star Trek bespricht Probleme in direkter Art und Weise; seine Botschaft ist direkt, die Wahrheit eindeutig, die Grenzen einfacher zu ziehen. Zwar gibt es auch Grautöne, aber es lassen sich doch eindeutig heroisierende Tendenzen ausmachen. Die Föderation steht für den Fortschritt, für Ethik und Moral; Starfleet sorgt für den Schutz und auch für die Implementierung dieser Ideale. Die Realität wird als erfaßbar, begreifbar verstanden; Star Trek kann in gewissem Sinne als prototypisch für Science Fiction gelten[10], was den Sinn des Wortes angeht: Alles muß und kann (pseudo-) wissenschaftlich erklärt werden, die Terminologie lehnt sich relativ strikt an die wissenschaftliche Sprechweise an. The X-Files zeigt vorrangig die etwas dunkleren und verworreneren Seiten der Realität, doch beeinflußt der paranormale Hintergrund und Charakter der von den FBI-Agenten untersuchten Fälle die Sichtweise der Realität: Wissenschaft und Tradition und konventionelle Weisheiten weichen einer Welt voller seltsamer und tragischer und auch finsterer Gestalten; nichts ist dort wirklich berechenbar. Über soziale Probleme wird nicht mehr geredet, sie werden gezeigt; die Figuren sind oftmals "Durchschnittstypen", das theatralische Element, welches in Star Trek noch bei weitem überwiegt, ist bis zur Unkenntlichkeit zurückgedrängt worden. Die Angst der Bevölkerung vor einer unkontrollierbaren und intransparenten Regierung und ihrer Geheimdienste wird im Laufe der Serie thematisiert. Verschiedenste UFO-Theorien werden teilweise unterstützt und genutzt, jedoch wird auch ihr Gegenteil dargestellt und klassische Thesen wie die Entführung durch Außerirdische in Frage gestellt. Mit dem Publikum sowie mit den Hauptfiguren wird gespielt; nichts bleibt wirklich konstant außer der stetigen Veränderung. Im Gegensatz zu Star Trek ändern sich die Umstände und Bedingungen, unter welchen die Agenten Mulder und Scully arbeiten, ständig; es gibt keine Statik, keine eindeutigen Antworten. Während der Ansatz von Star Trek fast als aufklärerisch-essentialistisch bezeichnet werden kann, steht The X-Files poststrukturalistischen Ideen weitaus näher. |
5. Rezeption
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6. Anhang6.1. Literaturverzeichnis
6.2. Quellen im Internet
6.3. Serien und Filme
6.4. Endnoten[1] Lat. cultura von cultus (Pflege, Bebauung, Ausbildung; Zivilisation, Kleidung, Ausstattung, Lebensweise, Lebensgewohnheit, häusliche Einrichtung; Verehrung; Übung, Beschäftigung; Üppigkeit, Luxus) = Part. Perf. Pass. von colere (bebauen, pflegen, bewohnen; sorgen, schmücken, verehren)
[2] Star Trek: Animated (1973/74), Star Trek: The Next Generation (1987-1994), Star Trek: Deep Space Nine (1992-), Star Trek: Voyager (1994-)
[3] Star Trek: The Motion Picture (1979), Star Trek II: The Wrath of Khan (1982), Star Trek III: The Search For Spock (1984), Star Trek IV: The Voyage Home (1986), Star Trek V: The Final Frontier (1989), Star Trek VI: The Undiscovered Country (1991), Star Trek: Generations (1994), Star Trek: First Contact (1996)
[4] Star Trek verwendet in diesem Fall nicht den Begriff ‚Spezies‘ sondern Rasse. Zwar ist dies biologisch nicht ganz korrekt, so wird aber hiermit der Grundgedanke klar: Intelligentes Leben ist gleichwertig. Außerdem ist der Vergleich mit dem 20. Jahrhundert eher sichtbar.
[5] Millennium (1996-)
[6] The X-Files: Fight the Future (1998)
[7] Episoden 50 "The Blessing Way" und 51 "Paper Clip"
[8] Episode 56 "The Walk"
[9] was in Star Trek: The Next Generation zudem noch dadurch gestützt wird, daß der Hauptdarsteller Patrick Stewart langjähriges Mitglied der Royal Shakespeare Company gewesen ist
[10] "Science fiction like Star Trek is not only good fun but it also serves a serious purpose, that of expanding the human imagination. We may not yet be able to go where no man (or woman) has gone before, but at least we can do it in the mind. We can explore how the human spirit might respond to future developments in science and we can speculate on what those developments might be. There is a two-way trade between science fiction and science. Science fiction suggests ideas that scientists incorporate into their theories, but sometimes science turns up notions that are stranger than any science fiction. [...] The physics that underlies Star Trek is surely worth investigating. To confine our attention to terrestrial matters would be to limit the human spirit." (Stephen Hawking. "Foreword". in: Krauss. xi-xiii)
[11] "... Carter [= Chris Carter, creator of The X-Files] dismisses an alien invasion of a different kind - in the form of several prime-time imitators during the 1996-97 television season. And he vehemently rejects the notion that The X-Files in its third season became ‘a mainstream show,’ as some media analysts suggested.
‘It didn’t become a mainstream show at all,’ Carter stressed. ‘It was the same dark show - in fact, a darker show than it had ever been. It just gained a mainstream audience.’" (Lowry. Trust No One. xvi). Zu den Serien, welche im Gefolge der X-Files auftraten, zählen zum Beispiel The Outer Limits (die 1995er Neuauflage der Serie von 1963-1965), Poltergeist: The Legacy (1996-), The Pretender (1996-) oder Psi Factor (1996-).
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