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ESSAYS & PAPERS

ARCHIVE, 1998-2008

A DEFINITION OF CULTURE

A Seminar Handout



  1. Text mit Anmerkungen
  2. Literatur


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Text mit Anmerkungen

(A.L. Kroeber / C. Kluckhohn. Culture: A Critical Review of Concepts and Definitions [NY: Random House, urspr. Cambridge, MA: Peabody Museums, 1952])

The following table contains the above mentioned text by Kroeber/Kluckhohn in the left culumn; the right column comments on highlighted key words of that text.

TextRemarks

Culture

  • Lat. cultura von cultus (Pflege, Bebauung, Ausbildung; Zivilisation, Kleidung, Ausstattung, Lebensweise, Lebensgewohnheit, häusliche Einrichtung; Verehrung; Übung, Beschäftigung; Üppigkeit, Luxus) = Part. Perf. Pass. von colere (bebauen, pflegen, bewohnen; sorgen, schmücken, verehren)
  • Der Begriff "Kultur" beinhaltet in etymologischer Hinsicht somit sämtliche Lebensweise; ist ein Sammelbegriff.

consists of
patterns,

  • verschiedene Muster, in denen Kultur sich ausbreitet, führen zu einer vielfältigen Varianz verschiedener Kulturen, bilden eine Vielfalt verschiedener Lebensweisen

explicit

  • Diese Muster können deutlich und offensichtlich, ja, öffentlich sein und zum Beispiel die Lebensweise und Kunst eines Volkes oder einer Volksgruppe anzeigen.

and implicit,

  • Solche Muster können aber auch weniger deutlich, eher unscheinbar sein, können sich in bestimmten Gedankenmustern und Assoziationen äußern.
  • Eine Art der indirekten Muster kann zum Beispiel in der Sprache zu finden sein. Besonders in bestimmten Formulierungen, die von Sprache zu Sprache verschieden sind, können Hinweise auf die Ursprünge einer Zivilisation hindeuten (wie Sprachverwandschaften [Indoeuropäisch, Keltisch, Semitisch etc.] eine Volksverwandtschaft implizieren können)

of and for
behavior

  • kulturelle Muster können ein bestimmtes, kulturspezifisches Verhalten beschreiben
  • ein bestimmtes Verhalten kann auch begünstigt werden, welches sich dann nach dem sogenannten kulturellen Erbe richtet und dabei auch wieder die Kultur erweitern und modifizieren kann (i.e. ständiger Wandel und Fluß der Kultur)

acquired

  • dieses Verhalten kann erworben werden, z.B. durch Beobachtung, Anpassung oder Erziehung

and transmitted

  • es kann weitergegeben werden durch Überlieferung oder Erziehung

by symbols,

  • kulturelle Lebensformen haben oft symbolischen Charakter

constituting the
distinctive achievement of human groups,

  • diese Symbole geben Aufschluß über die jeweilige Bevölkerungsgruppe und / oder ihren Verfasser
  • kulturelle Errungenschaften gehen selten nur auf ein einziges Individuum zurück; oftmals sind es Gruppen von Menschen, welche sich zusammenfinden und ähnliche Interessen haben; diese Interessen manifestieren sich dann in dem Produkt ihrer Arbeit (z.B. diverse Strömungen und Richtungen in Literatur, Musik und Malerei)

including their
embodiments

  • diese kulturellen "Erzeugnisse" sind sozusagen die Verkörperung, die Materialisierung einer bestimmten Stilrichtung; die verschiedenen kulturellen Produkte stellen die Kultur einer Volksgruppe dar, reflektieren somit die Intentionen und Ansichten der entsprechenden Richtung
  • allerdings geht es weniger um die Verkörperung einzelner Menschen, vielmehr um die Manifestation eines "Stream of Consciousness" (vgl. post-strukturalistische Ansätze)

in artifacts;

  • Artefakte (Lat. arte, Ablativ von ars, [Kunst, Geschicklichkeit, Gewandtheit, Wissenschaft, Handwerk, Künstlichkeit] + factum, [etwas Gemachtes, Partizip Perfekt Passiv von facere [machen, tun etc.] = etwas durch Kunst etc. Gemachtes)
    als das Ergebnis menschlicher Produktion; als Resultate und Überreste, die Aufschluß liefern über eine Kultur (z.B. Kunst, aber auch Haushaltsgeräte, Grabsteine etc.)

the
essential core of culture

  • der Kern der Kultur wäre allerdings wieder eine subjektive Einschränkung, eine künstliche Abgrenzung durch verschiedene Kriterien

consists of traditional
(i.e. historically derived and selected) ideas

  • Tradition wäre eine weitere künstliche Struktur, wie Geschichte zumeist im Rückblick geschaffen und somit im Hinblick auf neuere Tendenzen. Schon die Vorstellung tra-ditioneller (überlieferter), quasi statischer Ideen, ist nur unvollkommen, denn Ideen und somit auch Traditionen erfahren eine kontinuierliche Modifikation.

and especially their
attached values;

  • Die speziell den "traditionellen Ideen" angehefteten Werte könnte es wiederum nicht geben -- denn solch ein Vorgang setzte eine Einheit von Konzept und sprachlich/künstlerischer Form voraus. Derartige Werte sind eine Konstruktion, die Werte und auch die Form können im Laufe der Zeit durchaus Änderung erfahren.

culture systems

  • Der Begriff von kulturelle Systemen setzt eine gewisse Abgrenzbarkeit voraus, ebenso eine gewisse innere Ordnung. Jedoch existiert beides nur in sehr theoretischer Weise: Geschlossene kulturelle Systeme gibt es nicht, es existiert immer ein gewisser Austausch mit anderen Kulturen, oder aber eine innere Vielfalt und Widersprüchlichkeit, welche einer Konformität zuwiderlaufen würde. -- Innere Ordnung innerhalb von Kulturen ist wieder ein von außen und im Rückblick auferlegter, künstlicher Ordnungsversuch.

may, on the one hand,
be considered as
products of action,

  • Kultur als Produkt von Handlungen, aber ohne eigentlichen Handlungsträger. Der Ursprung der Handlungen kann deshalb nicht allein im Individuum liegen, weil es selbst im Laufe seiner Entwicklung derartig vielen äußeren Einflüssen ausgesetzt wurde, daß ein Zurückverfolgen bis zum eigentlichen Ursprung unmöglich ist.
  • Handlungen selbst können ebenso nie allein stehen, sondern vielmehr im Zusammenhang mit anderen. Diese Interdependenz kann zwar letzten Endes Kultur hervorbringen, allerdings sind durch das Fehlen (oder den recht fragmentarischen Nachweis) eines genauen Ursprunges diesem Modell Grenzen gesetzt.

on the other as
conditioning elements
of further action
.

  • Diese Aussage bedingt die vorhergehende und illustriert die Interdependenz verschiedener Ideen (Diskurs [Auseinanderlaufen], "Stream of Consciousness"). Da jede Handlung sowohl durch andere bedingt ist als auch wieder andere hervorruft, ist eine Abgrenzung des Kulturbegriffs nicht oder nur sehr unvollkommen möglich.

Anmerkungen:

  • Der Versuch der Abgrenzung (Definition) eines derart komplexen Diskurses wie "Kultur" wird besonders dadurch erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht, daß einzelne Variablen in vielfältiger Weise von anderen abhängig sind. (In der Mathematik bezeichnet man dies als nicht-lineare Systeme, Grundlage der Chaosforschung).

  • Derartige Definitionen können nur Modellvorstellungen bieten, welche ihre Nützlichkeit und Berechtigung in dem eingeschränkten Rahmen demonstrieren können, für den sie konstruiert wurden. Somit wäre es, besonders unter Berücksichtigung post-strukturalistischer Ideen sinnvoll, diese nur auf den konkreten Zweck im Rahmen des jeweiligen Modells zu beschränken. Detailuntersuchungen in einem fest abgesteckten Rahmen mit genau festgelegtem Ziel wären eine Perspektive.









Literatur:

  • Roland Barthes. "The Death of the Author". Image, Music, Text. New York: Hill & Wang, 1977. 142-148.
  • Joachim Bublath. Das neue Bild der Welt. Chaos, Relativität, Weltformel. Wien: Ueberreuter 1992
  • Jacques Derrida. "Die Struktur, das Zeichen und das Spiel im Diskurs der Wissenschaften" (1967). Die Schrift und die Differenz. Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1976. 422-442.
  • Michel Foucault. "Die Einheiten des Diskurses" und "Die diskursiven Formationen". Die Archäologie des Wissens (1969). Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1973. 33-59.
  • Stephen W. Hawking. A Brief History of Time. N.Y.: Bantam 1988
  • Hayden White. "The Value of Narrativity in the Representation of Reality". The Content and the Form. Narrative Discourse and Historical Representation. Baltimore: Johns Hopkins UP, 1989. 1-10.


November 2nd, 1998